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Das Kirchenrecht räumt ihnen Mitverantwortung in pastoralen Fragen ein oder verpflichtet sogar Priester, auf die Laien zu hören. Die Praxis sieht im 50. Jahr der Räte allerdings vielfach anders aus.
Eine Fachtagung in der Aachener Citykirche St. Nikolaus nahm am 29. September 2018 Situation und Perspektiven der Laien in der Diözese kritisch unter die Lupe. Neben einzelnen Erfolgsgeschichten im Bistumsgebiet sieht die Lage nicht gut aus. Vielerorts missachten Priester und pastorales Personal die Mitwirkungsrechte nicht geweihter Frauen und Männer. Und auch innerhalb der Laien gibt es unschöne Friktionen und Fraktionen, etwa in zerstrittenen Gemeinschaften der Gemeinden.
Das Problem liegt tief, wie zwei Münsteraner Professoren aufzeigten. Der Pastoraltheologe Reinhard Feiter erinnerte daran, dass das Zweite Vatikanische Konzil zwei Dinge wollte: Zum einen die Auflösung des alten Bildes vom Hirten, der die Schafe führt, hin zum gemeinsamen Priestertum, zum anderen die Weltöffnung und den Weltdienst der Kirche, auf dass die Institution von der Gesellschaft lerne und dem Heil der Menschen in ihren vielfältigen Lebenssituationen dient.
Diese Impulse seien nicht nachhaltig durchgedrungen und vielerorts drehe sich sogar die Uhr zurück, resümierte auch Kirchenrechtler Thomas Schüller mit Blick auf jüngere Vertreter von Priestern und Bischöfen. Feiter hinterfragte, warum zum Beispiel in Deutschland nicht wahrgenommen werde, dass der Papst sich seit Jahren mit Sozialbewegungen treffe. Und: die aktuelle Missbrauchskrise zeige deutlich auf, dass der Klerikalismus ein Kernproblem der Kirche darstelle, das zu überwinden sei.
Schüller gab Einblicke ins Kirchenrecht, die hellhörig machten. So sei jeder Bischof verpflichtet, alle zehn Jahre eine Diözesansynode durchzuführen. Und er gab eine tiefe Menschheitserfahrung wieder, die in seinen Augen auch alle Bischöfe und leitenden Pfarrer beherzigen sollten: Die wirklich wichtigen Dinge in einer Gemeinschaft sollen möglichst mit allen besprochen werden und möglichst einmütig beschlossen werden. Was nutzten sonst die besten Entscheidungen, wenn sie vom Volk nicht angenommen werden?
Aus seiner praktischen Erfahrung im Bistum Limburg heraus brach Schüller eine Lanze für eine demokratische Kultur in der Kirche. In dieser Diözese gibt es fest etablierte Formen der synodalen Beratung, für den Bischof und auch in den Bezirken des Bistums. Das sei durchaus mühsam, aber trage am Ende reiche Früchte. In den gemeinsamen Konsultationen aller Räte kämen Vorschläge und Gedanken zum Zuge, die auch intensiv befasste Fachleute überraschten und überzeugten.
Ob sich das Rätewesen im Bistum Aachen genau in diese Richtung weiterqualifiziert oder im Gegenteil von Klerikern mit anderem Leitungsverständnis zurückgeschraubt wird, erscheint Beobachtern des aktuellen Geschehens offen. Hochglanzbroschüren und Scheininszenierungen würden von den Menschen durchschaut und höchst verärgert aufgenommen, sagte Schüller: „Befragen Sie niemals Leute, wenn Sie gewillt sind, ohnehin die eigenen Pläne durchzusetzen.“
Feiter plädierte dafür, die Diskussion über die Pastoral der Zukunft nicht ohne Erinnerungsarbeit zu führen. Geschichtsvergessenheit sei auf dem Weg zu einer Kirche, die von möglichst vielen mitgetragen werde, nicht zielführend. Auch sollten sich die Gremien selbst Weltzugewandtheit verordnen: Eine Viertelstunde zu Beginn einer jeden Sitzung, in der frei über das, was gerade den Alltag oder das Leben von Mitgliedern betrifft, gesprochen wird, würde als erstes schon genügen.
Lutz Braunöhler, Vorsitzender des veranstaltenden Diözesanrats der Katholiken, dankte den vielen Tausend Frauen und Männern, die sich in den letzten 50 Jahren als Laien für die Kirche im Bistum Aachen engagiert haben. Er machte Mut, nicht zu verzagen, und warb darum, andere mit ihrer Freude am Evangelium zu begeistern. Mit Blick auf „Heute bei Dir“ sagte Braunöhler, man wolle das Gleiche wie der Bischof: „Wir wollen nicht die Macht des Bischofs, sondern eine tragfähige Pastoral.“